Die geburtshilfliche Versorgung durch Hebammen, vor allem die durch freiberuflich Tätige, ist in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus politischer und gesellschaftlicher Diskussionen gerückt. Angeregt durch die Ergebnisse der interministeriellen Arbeitsgruppe „Versorgung mit Hebammenhilfe“ hat das BMG ein Gutachten zu Ursachen von Geburtsschäden bei von freiberuflich tätigen Hebammen betreuten Geburten in Auftrag gegeben. Ziel war es, die tatsächliche Datenlage zu untersuchen und aus der Analyse Erkenntnisse über Schadensursachen sowie Ansätze für die Verbesserung der Versorgung abzuleiten. Die Ergebnisse des Gutachtens sollen nutzbringend in die Prozesse zur Qualitätssicherung bzw. Fehlervermeidung in der Geburtshilfe eingebracht werden.

Fragestellung

Das Gutachten untersucht systemische, strukturelle und individuelle Ursachen für die Entstehung von Geburtsschäden und identifiziert wirksame Sicherheitsmaßnahmen und Lösungsansätze. Gleichzeitig werden die Fragestellung aus der juristischen Perspektive beleuchtet und Handlungsempfehlungen für eine sichere Geburtshilfe formuliert.

Quelle dieses Artikels: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Berichte/Hebammen-Gutachten_Abschlussbericht.pdf

Methode/Vorgehensweise

Für die Beantwortung der Fragestellungen wurde ein multimethodisches Vorgehen gewählt. Neben einer systematischen Literaturrecherche erfolgten die deskriptive Analyse der Schadensliste des GDV mit 95 Schadensfällen zwischen 2004 und 2014 (min. Schadensaufwand von 100.000 Euro), vertiefende Interviews mit den Versicherern, weiteren Expertinnen und Experten des Sektors sowie die Beurteilung der Datenlage von relevanten Datenhaltern zur Situation von freiberuflichen Hebammen in Deutschland.

Mit dem Ziel, Informationen über Ursachen von Geburtsschäden zu erlangen und Wissen über mögliche Kontextfaktoren zu generieren, wurde eine Onlinebefragung mit geburtshilflich tätigen Hebammen, Ärzten und Ärztinnen durchgeführt (950 Personen).

Zur Diskussion von Lösungsansätzen und Identifizierung wirksamer Sicherheitsmaßnahmen wurden zusätzlich eine Konferenz im Open Space Format sowie ein „Themenmarktplatz“ auf dem 28. Perintalkongresses (Dezember 2017) in Berlin durchgeführt. Es konnten Instrumente, Coping Skills und Lösungen identifiziert werden, die themenübergreifend als Sicherheitsmaßnahmen angesprochen wurden. Das Gutachtenteam führte so vertiefende Gespräche mit insgesamt 264 Akteurinnen und Akteuren aus verschiedenen Bereichen. In einer juristischen Begutachtung wurden die gesetzlichen Regelungen für die Haftung beleuchtet (§§ 630a ff. BGB), da sie den allgemeinen rechtlichen Rahmen vorgeben. Anschließend wurden auf Basis einer Recherche Rechtsprechungen ab dem Jahr 2000 zur Haftung von Hebammen analysiert.

Wichtigste Ergebnisse

Eine Analyse von Schadensfällen bei von freiberuflich tätigen Hebammen betreuten Geburten ist nicht möglich ohne Einbeziehung des Kontextes. Dazu gehören andere beteiligte Berufsgruppen und systemische Aspekte der geburtshilflichen Versorgung im ambulanten und stationären Sektor.

Die Definition eines Geburtsschadens ist unscharf; ein kausaler Zusammenhang einer gesundheitlichen Beeinträchtigung mit der Geburt ist häufig nicht eindeutig.

Die Begleitumstände einer Schadenssituation sind vielfältig und multidimensional. In der Online­Befragung wurden im Durchschnitt neun risikobehaftete Begleitumstände pro Fall genannt.

Über alle Methoden hinweg zeigt sich, dass eine mangelnde Kommunikation und Kooperation im Behandlungsteam, zu wenig Erfahrung und Wissen sowie eine nicht ausreichende Personalbesetzung neben den individuellen Risikofaktoren der Mutter die häufigsten Risikofaktoren sind.

Zeitverzögerungen in Entscheidung, Durchführung von Interventionen oder in der Verlegung sind weitere Risikofaktoren.

Die Wahrnehmung und Einschätzung der Wichtigkeit einzelner Risikofaktoren unterscheidet sich deutlich zwischen den Berufsgruppen.

Überraschend ist, dass eine hohe Anzahl der Befragten in der Online-Befragung mehrmals Erfahrungen mit Geburtsschäden gemacht hat und erschreckend ist, dass die Erfahrungen nicht oder kaum aufgearbeitet wurden. Ähnliche Ergebnisse lassen sich in der Literaturrecherche und in den durchgeführten Interviews finden.

Die Analyse der Rechtsprechung kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie die Fallanalysen der Haftpflichtversicherer. Die Verkennung des pathologischen CTG und das damit einhergehende Unterlassen der Hinzuziehung eines Arztes oder einer Ärztin ist die wichtigste Risikokonstellation. Hohe Haftungsrisiken bestehen vor allem dann, wenn Hebammen ihre Kompetenzen überschritten und „sehenden Auges“ pathologische Zustände weiter betreut haben.

Als Maßnahmen zur Erhöhung der Patientensicherheit empfehlen Experten und Expertinnen in erster Linie

  • Durchführung von interdisziplinären und intersektoralen Fallbesprechungen
  • (Verpflichtende) Schulungen zu Hochrisikoarzneimitteln und ihren (Neben-)wirkungen
  • Regelmäßige Reanimations- und Notfalltrainings
  • Schulungen zu Leitlinien und Standards in der Geburtshilfe und zur fachgerechten Diagnostik eines behandlungsbedürftigen Kindes
  • Standards bzw. Checklisten zur angemessenen intra- und postpartalen Überwachung
  • Schulungen und Dokumentationschecks zur rechtssicheren Dokumentation und Aufklärung

Empfehlungen

Die Empfehlungen des Gutachtenteams lauten

  1. Förderung evidenzbasierter Geburtshilfe
  2. Sicherstellung kontinuierlicher Betreuungsmodelle
  3. Interprofessioneller Wissensauf- und -ausbau
  4. Entwicklung einer konstruktiven Fehlerkultur
  5. Sicherstellung effektiver Kommunikation
  6. Optimierung des Schnittstellenmanagements
  7. Standardisierte, zielführende Dokumentation
  8. Systematische Erfassung und Analyse von Schadensfällen
  9. Entwicklung von Standards für Datenerhebung und Gutachtenerstellung in Haftungsfällen
  10. Transparente Qualitätssicherung bei Perinatal- und Neonataldaten
  11. Etablierung von nationaler systematischer Gesundheitsforschung und -berichterstattung im Bereich Mutter-Kind Gesundheit

Die geburtshilfliche Versorgung durch Hebammen, vor allem durch freiberuflich Tätige, ist in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus politischer und gesellschaftlicher Diskussionen gerückt. Ein zentraler Aspekt des Diskurses sind die drastisch steigenden Beiträge zur Haftpflichtversicherung in der Geburtshilfe. Die Auswirkungen auf die geburtshilfliche Versorgung in Deutschland sind bereits deutlich spürbar (Jürgensen, 2017; Leitlein, 2015; Soergel, Kaisenberg, & Hillemanns, 2015; Tempel, 2017). Verantwortlich für den starken Anstieg der Prämien sind, aufgrund der unbegrenzten Haftung im Deliktrecht, die kostenintensiven Personenschäden. Zwar kommt es pro Jahr nur zu ca. 12 derartig kostenintensiven Fällen (Deutscher Bundestag, 2014), jedoch sind die Kosten mit durchschnittlich 2,6 Mio. € pro Fall (im Jahr 2012) (GDV, 2015) exorbitant hoch und wirken sich folglich negativ auf das gesamte Segment aus. Aktuell wurde die Deckungssumme erneut erhöht; von sechs auf zehn Millionen Euro. Dies hat zur Folge, dass die Beiträge für die Haftpflichtpolice, im Gruppenversicherungsvertrag des DHV, für rund 2.500 freiberuflich tätige Hebammen erneut steigen und somit Mitte 2020 bei 9.098 € liegen werden (Ärztezeitung, 2017). Um die finanzielle Belastung durch Versicherungsbeiträge v.a. für freiberuflich tätige Hebammen mit in der Regel niedrigen Geburtenzahlen zu reduzieren wurde mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und Qualität in der gesetzlichen Krankenversi­cherung (GKV-FQWG) 2014 ein Sicherstellungszuschlag für Geburtshilfeleistungen seit dem 1. Juli 2015 festgelegt, der auch zukünftig Prämiensteigerungen bei der Berufshaftpflichtversicherung ausgleichen und zu einer dauerhaften Entlastung der freiberuflich in der Geburtshilfe tätige Hebam­men führen soll. Der Sicherstellungszuschlag wird auf Antrag seit Beginn 2016 zweimal jährlich ausgezahlt und setzt die Erfüllung definierter Qualitätsanforderungen voraus (§ 134a Abs. 1b SGB V). Laut Mitteilung des GKV-Spitzenverbandes (Stand: 6. April 2018) wurde er bislang an 3040 freiberuflichen Hebammen mit einem Gesamtvolumen von 20,56 Mio. Euro ausgezahlt.

Geburtsschadensrecht

Mit dem ebenfalls seit Mitte 2015 geltenden Regressausschluß (§ 134a Abs. 5 SGB V) beabsichtigt der Gesetzgeber die Haftpflichtprämien langfristig zu stabilisieren; hierzu wird die Möglichkeit für einen Regress auf Schäden begrenzt, die vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurden. Schadensersatzansprüche gegen freiberuflich tätige Hebammen sind unter zwei Gesichtspunkten möglich. Zum einen wegen der Verletzung von Verpflichtungen aus dem Behandlungsvertrag und zum anderen unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung. Die Haftung aus einem Behandlungsfehler betrifft die Haftung für fachliche Fehlleistungen und wird definiert als Unterschreitung des zum Zeitpunkt der Behandlung maßgeblichen Standards einer Hebamme. Ein Haftungsgrund besteht immer dann, wenn der Behandlungsfehler einen Gesundheitsschaden zur Folge hat und es zwischen beidem einen kausalen Zusammenhang gibt. Ein Behandlungsfehler darf nicht angenommen werden, wenn sich das Verhalten erst aufgrund späterer Erkenntnisse als fehlerhaft erweist. Es ist in vielen Fällen der Beurteilung von Geburten schwer abgrenzbar, welche Faktoren tatsächlich zu der Schädigung des Kindes geführt haben. Hier ist entscheidend, welche Partei unter welcher Voraussetzung die Last einer mangelnden Aufklärbarkeit des Geschehens trägt. Bei dem Vorliegen eines einfachen Behandlungsfehlers muss die geschädigte Person das gemeinsame Auftreten eines Behandlungsfehlers, Gesundheitsschadens und eines Kausalzusammenhangs beweisen. Beim Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers gilt die Beweislastumkehr, sodass die Hebamme beweisen muss, dass der Fehler sich nicht auf den Gesundheitszustand des Kindes ausgewirkt hat.

Ein grober Behandlungsfehler ist definiert durch einen eindeutigen Verstoß gegen bewährte Regeln und Erkenntnisse, der so gravierend ist, dass nicht verständlich erscheint, wie dieser Fehler hätte passieren können. Die Beweislastumkehr greift auch, wenn ein Befund nicht erhoben oder gesichert wurde, der mit hoher Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges Ergebnis ergeben hätte.

Die Datenlage zu Geburtsschäden in Deutschland ist als unzureichend zu bezeichnen. Nachvollziehbarerweise gibt es kaum prospektive Studien. Auch randomisierte Untersuchungen sind im geburtshilflichen Kontext schwer durchzuführen. Die Geburtshilfe ist eine empirische Disziplin und wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit Geburtsfehlern sind in erster Linie retrospektiver Natur. Für den ambulanten Bereich gibt es keine verpflichtende Teilnahme an Verfahren zur Qualitätssicherung, wie sie für den stationären Bereich festgelegt sind. Die meisten Hebammen, die Geburten in hebammengeleiteten Einrichtungen (Geburtshäusern) und zu Hause betreuen, nehmen jedoch an qualitätssichernden Verfahren teil; die Erfassungsquote liegt bei über 80% (Bauer & Kötter, 2013; QUAG, 2016). Dennoch besteht eine heterogene und unzureichende Datenlage. Darüber hinaus fehlt beispielsweise ein einheitliches, validiertes System zur Risikoaufklärung, zum Einverständnis und zum Behandlungsvertrag.

2013 etablierte sich unter Leitung des BMG eine Arbeitsgruppe, die sich auf die „Versorgung mit Hebammenhilfe“ fokussierte und sich intensiv mit dieser Thematik auseinandersetzte (interministerielle Arbeitsgruppe „Versorgung mit Hebammenhilfe“ 2014 (IMAG, 2014)). Die Arbeitsgruppe konnte unter anderem eine unzureichende Datenlage zu Geburtsschäden, insbesondere im ambulanten Bereich, feststellen. Die Ergebnisse haben das BMG bewogen, ein Gutachten zu Ursachen von Geburtsschäden bei von freiberuflich tätigen Hebammen betreuten Geburten in Auftrag zu geben.

Definition des Geburtsschaden

Ein Geburtsschaden ist kein einfach zu beschreibendes Krankheitsbild mit einer einheitlichen Pathogenese. Grundsätzlich kann ein bleibender Schaden das Kind, aber auch die Mutter betreffen. Dennoch wird in der Literatur und aktuellen Rechtssprechung mit Geburtsschaden meist ein das Kind betreffendes Ereignis bezeichnet. Bereits die Definition wird in der Literatur bis heute diskutiert und die Ursachen sind häufig multifaktoriell. So bedarf die Frage nach den Ursachen von Geburtsschäden, bei von freiberuflich tätigen Hebammen betreuten Geburten einer multidimensionalen Betrachtung, die im vorliegenden Gutachten in folgenden Untersuchungsbereichen berücksichtigt wird:

  • Allgemeine Risikofaktoren für das Entstehen eines Geburtsschadens bei einer Geburt
  • Individuelle Risikofaktoren, die in einer Situation wirksam werden (anamnestische, medizinische oder psychische Risiken)
  • Risikofaktoren, die sich in der Arbeitssituation der Hebammen, speziell der freiberuflichen Hebammen, begründen
  • Fragen der Vermeidbarkeit der Entstehung von Geburtsschäden
  • Medizinjuristische Bewertung
  • Datenlage

Als Geburtsschaden (engl. birth injury) verstehen Abedzadeh-Kalahroudi et al. (2015) ein „impairment of neonatal body function due to adverse events that occur at birth“ (Abedzadeh-Kalahroudi u. a., 2015: 1), also eine Beeinträchtigung der Körperfunktionen (oder -strukturen) des Neugeborenen durch unerwünschte Ereignisse, die unter der Geburt auftreten. https://doi.org/10.5812/atr.22831

Bei einer Reihe von Geburtsschäden sind nicht nur die Schadensursachen vielfältig, auch der Zeitpunkt der Entstehung des Schadens ist nicht immer klar der Geburt zuzuordnen. Deshalb wird die oben zitierte Definition um unerwünschte Ereignisse erweitert, die im Zusammenhang mit der Geburt/Schwangerschaft stehen. Als Arten von Geburtsschäden werden dann u.a.: Hypoxisch- ischämische Enzephalopathie, Asphyxie, Plexusparese des Plexus brachiales (Erb’s Palsy, Klumpke’s Palsy), Knochenfrakturen, Kephalhämatom, Fazialisparese, Schulterdystokie, intrakranielle Blutungen, Platzwunden, Schnittwunden bei der Sektio, Totgeburten und Neugeborenenikterus verstanden (Abedzadeh-Kalahroudi u. a., 2015).

Hypoxischer Hirnschaden (HIE) und Zerebralparese (CP)

Ob ein (hypoxischer) Hirnschaden intrapartal oder präpartal entstanden ist, lässt sich nicht immer sicher sagen. Das heisst, dass beispielsweise die Diagnose Zerebralparese (die frühestens nach Ende des ersten Lebensjahrs gestellt werden kann) nicht gleichbedeutend mit einem Fehler/Schuld der Hebamme ist. 80-90% aller Zerebralparesen bei Säuglingen entstehen nicht intrapartal. Zum Nachweis einer intrapartalen Schädigung müssen folgende Nachweise (Rei, Ayres-de- Campos, & Bernardes, 2016) erbracht werden:

  1. niedrige Apgarwerte nach 5 und 10 Minuten
  2. metabolische Azidose im Nabelschnurblut (wird bei Hausgeburten nicht abgenommen) oder einer sehr frühen Blutprobe beim Neugeborenen
  3. Hirnödem/Blutungen innerhalb der ersten 48 Lebensstunden
  4. neurologische Auffälligkeiten innerhalb der ersten 48 Lebensstunden

Auch eine später diagnostizierte Zerebralparese gilt als potenzieller Geburtsschaden (Eunson, 2012, p. 36 ff.; Schifrin, Soliman, & Koos, 2016, p. 87 ff.). Wobei, wie bereits ausgeführt, diese in der Regel nicht zweifelsfrei einem definierten Zeitpunkt (prä- oder intrapartal) zugeordnet werden kann und ohne weitere Hinweise eine Aussage über Ursache resp. Genese nicht zulässig ist.

Krankenhausgeburten versus Hausgeburten

geburtsschaden Krankenhausgeburt

Da häufig darüber diskutiert wird, ob der Geburtsort selbst ein Risikofaktor für einen Geburtsschaden darstellt, wurden im Zuge der Recherche auch Studien als relevant eingestuft, in denen Krankenhausgeburten mit Hausgeburten verglichen wurden. Die Recherche zeigte, dass bereits eine Vielzahl an Studien existiert, die die Outcomes von Krankenhausgeburten mit denen von Hausgeburten vergleichen.

Der Fokus dieser Studien liegt meist auf dem Vergleich der Mortalitätsraten beider Settings. Die Ergebnisse der Studien sind jedoch nicht einheitlich.

So kamen Grünebaum et al. (2014, 2016) und Malloy (2010) beispielsweise zum Ergebnis, dass Hausgeburten mit höheren neonatalen Mortalitätsraten als Krankenhausgeburten einhergehen. Auch van der Kooy et al. (2011) kamen zum Ergebnis, dass die Mortalitätsrate bei geplanten Hausgeburten höher lag, als bei geplanten Krankenhausgeburten.

Jedoch war dieses Ergebnis nicht signifikant.

Das Forschungsteam kam im Zuge des Forschungsvorhabens zu dem Schluss, dass Hausgeburten unter routinemäßigen Bedingungen in der Regel mit keiner Steigerung der intrapartalen und frühen neonatalen Mortalität assoziiert sind. Der größte Anteil an identifizierten Studien, der sich auf den Vergleich der Outcomes von Krankenhausgeburten und Hausgeburten fokussierte, kam zum Ergebnis, dass keine Unterschiede hinsichtlich der Mortalitätsraten von Krankenhausgeburten und Hausgeburten existieren und dass Hausgeburten nicht mit einer höheren Mortalitätsrate einhergehen (Hutton u. a., 2015; Hutton, Reitsma, & Kaufman, 2009; Janssen u. a., 2009; Johnson & Daviss, 2005). Auch kamen Olsen & Clausen (2014) in einem Review zum Ergebnis, dass derzeit keine starke Evidenz existiert, mittels derer bei risikoarmen Geburten eine Krankenhausgeburt beziehungsweise eine Hausgeburt favorisiert werden sollte.

Einige Studien kamen darüber hinaus zum Ergebnis, dass Hausgeburten mit besseren Outcomes hinsichtlich der Rate an durchgeführten medizinischen Interventionen assoziiert waren. So wiesen Krankenhausgeburten höhere Interventionsraten auf (Hutton u. a., 2015; Janssen u. a., 2009; Johnson & Daviss, 2005). Eine Analyse von Symon et al. (2010) verdeutlicht, dass beim Vergleich der Outcomes von Krankenhausgeburten und Hausgeburten insbesondere der Risikostatus der Geburt berücksichtigt werden sollte.

Symon et al. kamen im Jahr 2009 in einer Kohortenstudie zum Ergebnis, dass Hausgeburten, die durch freiberuflich tätige Hebammen begleitet wurden, im Gegensatz zu Krankenhausgeburten eine nahezu dreimal so hohe perinatale Mortalitätsrate aufwiesen (Symon, Winter, Inkster, & Donnan, 2009). Das Forschungsteam um Symon analysierte in einer weiteren Studie im Jahr 2010 die betrachteten Fälle erneut und kam zum Ergebnis, dass von den Todesfällen, die im Rahmen einer Hausgeburt eintraten möglicherweise mehr als die Hälfte durch die Anwendung eines Kaiserschnitts hätten verhindert werden können.

Bedeutend ist somit, dass nicht die Hebammen für die Todesfälle verantwortlich zu sein scheinen, sondern die Tatsache, dass die Mütter sich trotz eines hohen Geburtsrisikos (beispielsweise Steißlage des Kindes, vorheriger Kaiserschnitt) für eine Hausgeburt entschieden (Symon, Winter, Donnan, & Kirkham, 2010). Gründe dafür waren meist Unzufriedenheit der Frauen mit dem wenig individualisierten System der klinischen Geburtshilfe und/oder schlechte Erfahrungen mit der Geburtsbetreuung bei vorausgegangenen Geburten (National Institute for Health and Care Excellence, 2014; Schwarz, 2011).

Eine aktuelle Arbeit aus Deutschalnd präsentiert die Outcomedaten von außerklinischen Geburten in Niedersachsen. Auch hier liegen Morbidität und Mortalität nicht höher als im vergleichbaren Kollektiv der klinischen Geburtshilfe (Petersen, Köhler, Schwarz, Vaske, & Gross, 2017).

Deutlich zeigt sich diese Erkenntnis in einer holländischen Studie aus dem Jahr 2014. De Jonge et al. (2015) präsentieren eine vergleichbare perinatale Mortalität und Morbidität unabhängig vom geburtshilflichen Setting im Low-Risk-Kollektiv. Hierzu ist festzustellen, dass Unterschiede bei seltenen Risiken in einem ausgewählten Niedrigrisikokollektiv statistisch schwer fassbar sind. Um ein statistisches Signifikanzniveau zu erreichen, bräuchte es in Deutschland über eine Million Beobachtungen und entzieht sich daher der Umsetzbarkeit.

Schadenssummen bei Geburtsschaden

Gesamtbetrachtung über alle Jahre
Gesamtschadenssumme

Fallzahl Durchschnittliche

Schadenssumme pro Fall

Krankenhaus49.452.339 EUR61810.694 EUR
Geburtshaus/HGE19.682.629 EUR121.640.219 EUR
Hausgeburt17.644.648 EUR121.470.387 EUR
Sonstiges12.951.898 EUR101.295.190 EUR
Gesamt99.731.514 EUR951.049.805 EUR